FINIS GERMANIAE
Oder: „Wehe den Besiegten„
ANLÄSSLICH DES 75. JUBILÄUMS DES ENDES DES ZWEITEN WELTKRIEGES HAT WLADIMIR PUTIN IN EINEM AUFSEHENERREGENDEN AUFSATZ GEFORDERT:ALLE STAATEN MÖGEN IHRE ARCHIVE ÖFFNEN – IM SINNE DER WAHRHEIT.“
Putin fordert die Herausgabe von Originaldokumenten und die Öffnung von Archiven zur Erforschung der Ursachen, die zum Zweiten Weltkrieg führten: „Daher rufen wir alle Staaten dazu auf, den Prozess der Öffnung ihrer Archive, die Veröffentlichung bisher unbekannter Dokumente aus der Vorkriegs- und Kriegszeit zu intensivieren – so, wie es Russland in den vergangenen Jahren getan hat. Wir sind hier zu einer breiten Zusammenarbeit, zu gemeinsamen Forschungsprojekten von Historikern bereit.“ Auf der Grundlage unseres gemeinsamen historischen Gedächtnisses können und müssen wir uns gegenseitig vertrauen. Dies wird als solide Grundlage für erfolgreiche Verhandlungen und konzertierte Maßnahmen zur Stärkung der Stabilität und Sicherheit auf dem Planeten sowie für den Wohlstand und das Wohlergehen aller Staaten dienen. Dies ist – ohne Übertreibung – unsere gemeinsame Pflicht und Verantwortung gegenüber der ganzen Welt, gegenüber den gegenwärtigen und den zukünftigen Generationen.
Wir alle brauchen Wahrheit und Objektivität.“
Diesem Apell ders russischen Präsidenten sei dieer Aufsatz gewidmet.
Im Juni 1944, hatte Dwight D. Eisenhower, der Oberkommandierende der Alliierten Expeditionary Force (SHAEF) den Entwurf eines „Handbuchs für die Militärregierung im zu besiegenden Deutschland“ abgesegnet und nach Washington durchgewunken. Dieses Handbuch sah eine weitgehend autonome Regierung für das besiegte Deutschland vor und beinhaltete konkrete Pläne für den Wiederaufbau und eine autonome Versorgung Deutschlands. Vorgesehen war auch, den vom Krieg hart getroffenen europäischen Ländern, die deutschen Exportüberschüsse aus der wieder aufzubauenden Wirtschaft zugute kommen zu lassen.
US-Finanzminister Henry Morgenthau tobte, als er diesen Plan zu Gesicht bekam. Gegenüber Roosevelt bestand er auf einem harten Frieden für Deutschland.
Im Rahmen einer Kabinettssitzung am 25. August 1944, folgte Roosevelt der kritische Haltung Morgenthaus. Gegenüber Kriegsminister Stimson äußerte der US-Finanzminister in einem Schreiben: „Es sei die gesamte deutsche Nation gewesen, die gegen die Prinzipien der Zivilisation verstoßen habe, darum fordere er einen harten Frieden.“ Dazu Präsident Roosevelt: „Zu viele Menschen hier und in England vertreten die Ansicht, dass das deutsche Volk als Ganzes nicht für das Geschehene verantwortlich ist – dass nur einige wenige Nazis verantwortlich sind. Das ist leider falsch. Das deutsche Volk muss sich vor Augen führen lassen, dass die ganze Nation in eine grundsätzliche Verschwörung gegen die Moralvorstellungen der modernen Zivilisation verstrickt ist“.
Ein dahingehes Memorandum wurde irgendwann zwischen Januar und Anfang September 1944 verfasst und von Morgenthau unterzeichnet. Es trägt die Überschrift „Suggested Post-Surrender Program for Germany“ und wird in der Franklin D. Roosevelt Presidential Library and Museum aufbewahrt. Laut Aussagen von Henry Morgenthaus Sohn, war der leitende Beamte des US-Finanzministeriums, Harry Dexter White, maßgeblich an der Ausarbeitung dieses Memorandums beteiligt. Dieser Harry Dexter White war ein hoher Beamter des US-Finanzministeriums und sozusagen die rechte Hand Henry Morgenthau jr´s. In enger Zusammenarbeit mit dem Finanzminister half er bei der Festlegung der amerikanischen Finanzpolitik gegenüber den Alliierten im Zweiten Weltkrieg. Desweiteren war White mit der Ausarbeitung des Morgenthau Planes betraut. In den 50ere Jahren wurde Harry Dexter White als Spion für die UDSSR enttarnt.
Der Morgenthau Plan
Entmilitarisierung Deutschlands:
Es soll das Ziel der Alliierten Streitkräfte sein, die vollständige Entmilitarisierung Deutschlands in der kürzest möglichen Zeit nach der Kapitulation zu erreichen. Dies bedeutet die vollständige Entwaffnung der deutschen Armee und des deutschen Volkes (einschließlich der Entfernung oder Vernichtung des gesamten Kriegsmaterials), die vollständige Vernichtung der gesamten deutschen Rüstungsindustrie und die Entfernung oder Vernichtung anderer Schlüsselindustrien, die für die militärische Stärke grundlegend sind.
Teilung Deutschlands:
Polen soll den Teil Ostpreußens erhalten, der nicht an die UdSSR und an den südlichen Teil Schlesiens geht.
Frankreich soll die Saar und die angrenzenden Gebiete bis an Rhein und Mosel bekommen.
Wie in Teil 2 angegeben, soll eine internationale Zone geschaffen werden, die das Ruhrgebiet und die umliegenden Industriegebiete umfasst.
Der verbleibende Teil Deutschlands soll in zwei autonome, unabhängige Staaten aufgeteilt werden, (1) ein süddeutsches Land, das Bayern, Württemberg, Baden und einige kleinere Gebiete umfasst, und (2) ein norddeutsches Land, das einen großen Teil des alten Staates Preußen, Sachsen, Thüringen und mehrere kleinere Staaten umfasst.
Zwischen dem neuen süddeutschen Staat und Österreich, das wieder an seine politischen Grenzen von vor 1938 anknüpft, soll es einen Zollbund geben.
Das Ruhrgebiet: (Das Ruhrgebiet, umliegende Industriegebiete, wie auf der beigefügten Karte dargestellt, einschließlich des Rheinlandes, des Nord-Ostsee-Kanals und des gesamten deutschen Territoriums nördlich des Nord-Ostsee-Kanals). Hier liegt das Herz der deutschen Industriemacht, der Hexenkessel der Kriege. Dieses Gebiet sollt nicht nur von allen gegenwärtig bestehenden Industrien entkernt, sondern so geschwächt und kontrolliert werden, dass es in absehbarer Zeit nicht zu einem Industriegebiet werden kann. Die folgenden Schritte werden dies erreichen:
Innerhalb eines kurzen Zeitraums, möglichst nicht länger als 6 Monate nach Einstellung der Feindseligkeiten, sollen alle, nicht durch militärische Maßnahmen zerstörten, Industrieanlagen und Ausrüstungen entweder vollständig abgebaut und aus dem Gebiet entfernt oder vollständig zerstört werden. Alle Ausrüstungen sind aus den Bergwerken zu entfernen, und die Bergwerke sind gründlich zu zerschlagen.
Es wird davon ausgegangen, dass die Räumung dieses Gebietes in drei Stufen erfolgen soll:
- Die Streitkräfte zerstören unmittelbar nach Eindringen in das Gebiet alle Anlagen und Ausrüstungen, die nicht entfernt werden können.Entfernung der Anlagen und Ausrüstungen durch Mitglieder der Vereinten Nationen als Restitution und Reparation (Paragraph 4).
Alle Anlagen und Ausrüstungen, die nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums, z.B. 6 Monate, entfernt werden, werden vollständig zerstört oder zu Schrott reduziert und den Vereinten Nationen zugewiesen. - Allen Menschen in dem Gebiet soll zu verstehen gegeben werden, dass dieses Gebiet nie wieder zu einem Industriegebiet werden darf. Dementsprechend sollen alle Menschen und ihre Familien innerhalb des Gebiets, die über besondere Fähigkeiten oder eine technische Ausbildung verfügen, ermutigt werden, dauerhaft aus dem Gebiet abzuwandern, und sie sollten so weit wie möglich verstreut sein.
- Das Gebiet soll zu einer internationalen Zone gemacht werden, die von einer internationalen Sicherheitsorganisation regiert wird, die von den Vereinten Nationen eingerichtet wird. Bei der Verwaltung des Gebiets soll sich die internationale Organisation von einer Politik leiten lassen, die auf die Förderung der oben genannten Ziele ausgerichtet ist.
Rückerstattung und Wiedergutmachung:
Wiedergutmachung in Form von wiederkehrenden Zahlungen und Lieferungen soll nicht verlangt werden. Rückerstattung und Wiedergutmachung sollen durch die Übertragung bestehender deutscher Ressourcen und Gebiete erfolgen, z.B.
durch die Rückgabe von Eigentum, das von den Deutschen in den von ihnen besetzten Gebieten geraubt wurde;
durch Übertragung von deutschem Gebiet und deutschen privaten Rechten an in diesem Gebiet befindlichem gewerblichem Eigentum an eingefallene Länder und die internationale Organisation im Rahmen des Teilungsprogramms;
durch den Abtransport und die Verteilung von Industrieanlagen und Ausrüstungen, die sich innerhalb der Internationalen Zone und der im Abschnitt über die Teilung abgegrenzten nord- und süddeutschen Staaten befinden, an die verwüsteten Länder;
durch deutsche Zwangsarbeit außerhalb Deutschlands; und durch Beschlagnahme aller deutschen Vermögenswerte, gleich welcher Art, außerhalb Deutschlands.
Nachdem US- Außenminister Hull über Morgenthaus Pläne informiert worden war, verfasste er ein Gegenmemorandum. Darin heißt es: „Eine de Industrialisie-rung Deutschlands ist wohl kaum durchführbar, weil dabei sehr viele Deutsche deportiert werden müssten und wahrscheinlich viele Menschen ums Leben kommen würden. Reparationsleistungen seien unter diesen Umständen wohl kaum zu erwarten.
Eine Teilung Deutschlands lehnte Hull entschieden ab: „Seit ihrem Bestehen haben die Vereinigten Staaten die Grundüberzeugung vertreten, dass alle Menschen das Recht haben, frei zu leben und nach ihrem eigenen Glück zu streben und gemäß der Atlantic Charta seien sowohl Sieger als auch Besiegte gleichermaßen zu wirtschaftlichem Wohlstand berechtigt. Allerdings werde die von Morgenthau vorgeschlagene Behandlung Deutschlands, falls überhaupt durchführbar, ganz bewußt viele Millionen Menschen des Rechtes auf Freiheit von Not und Freiheit und von Furcht beraubt. Dadurch werden andere Völker der Welt in ihrem Vertrauen zu unseren Grundsätzen erschüttert werden und an der Wirksamkeit unserer wirtschaftlichen und politischen Maßnahmen gegenüber den Besiegten“. Gemeinsam mit dem Britischen Außenminister Anthony Eden protestierte Hull gegen die Pläne Henry Morgenthaus und nannte sie ausdrücklich „ein Verbrechen gegen die Zivilisation“.
Ebenso, wie Hull lehnte auch US Kriegsminister Henry L. Stimpson eine kollektive „kollektive Rache“ als „sinnlos und gefährlich“ ab und so schrieb er in einem Memorandum an Präsident Roosevelt am 25. August 1944: „Ich kann mich auch damit nicht einverstanden erklären, dass es eines unserer Kriegsziele sein sollte, die Deutschen auf dem Niveau des Existenzminimums zu halten. Das deutsche Volk würde zur Sklaverei verurteilt werden und es könnte seine Position in der Weltwirtschaft selbst durch äußersten Fleiß kaum halten. Die Folgen wären neue Spannungen und Ressentiments, die den momentanen Vorteil der Sicherheit weit überwögen und außerdem würde die Schuld der Nazis in den Hintergrund rücken.”
„Zwei Tage nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands, am 10. Mai 1945, unterzeichnete der neue US Präsident Harry S. Truman das U.S. Besatzungsstatut JCS 1067. Dazu stellte Henry Morgenthau gegenüber seinem Stab triumphierend fest, dass dies ein großer Tag für ihn sei under fügte hinzu:. „Hoffentlich wird niemand in diesem Dokument meine Handschrift wiederfinden“. Dieser 10. Mai 1945 war für den Großteil der Deutschen alles andere als eine Befreiung. In Wahrheit war das ein Todesurteil für die deutsche Nation. Erst viel später mutierte diese substantielle Zerstörung Deutschlands zur Lebenslüge einer Republik die Ihre Existenz allein der Zwietracht zwischen den Westalliierten und der UDSSR verdankte. Einer Zwietracht, die just in dem Augenblickk aufbrach, als der II Welgtkrieg endete.
„Kein einziger Schritt darf zur wirtschaftlichen Erholung Deutschlands gesetzt werden“, dies ist in den Besatzungsstatuten unter dem Kürzel JCS 1067 unmißverständlich festgelegt. Des Weiteren besagen die JCS 1067, Hunger, Krankheit und zivilen Unruhen in der deutschen Bevölkerung sei nur dann zu begegnen, wenn diese eine Gefahr für die Besatzungstruppen darstellen würden. Expliizit erteilt Morgenthau die direkte Anweisung, das die Besatzungsstatuten JCS 1067 mit aller Schärfe anzuwenden seien
Obwohl der Morgenthau-Plan nicht in vollem Umfang zur Durchführung gelangte, so hinterliess der US Finanzminister doch einen deutlichen Fußabdruck im Genick der Deutschen. Überwacht wurden die Statuten JCS 1067 von Beamten des US-Finanzministeriums, den sogenannten „Morgenthau-Boys“. Am 2. Februar 1946 konnte Brigadegeneral William Henry Draper jr., Leiter der amerikanischen Wirtschaftsabteilung, melden, dass bei der Umwandlung Deutschlands in eine Agrar- und Leichtindustriewirtschaft einige Fortschritte erzielt worden seien.
An sich war Draper von Haus aus ein entschiedener Gegner des Morgenthau-Plans. Er unterstützte auch nachdrücklich Maßnahmen zur Beschleunigung des wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland, gemäß den Vorgaben für eine liberale und freie Marktwirtschaft, so wie sie später Konrad Adenauer und Ludwig Erhard durchsetzten.
Auch, nachdem Präsident Roosevelt 1945 verstorben war und Henry Morgenthau vom Amt des Finanzministers zurückgetreten war, blieben die Morgenthau Boys noch fast zwei Jahre aktiv.
Besonders rührig, sozusagen als getreuer Executor Henry Morgenthaus, erwies sich Oberst Bernhard Bernstein, der unter anderem 1942 bis 1945 als Finanzberater von General Eisenhower für zivile Angelegenheiten und für die Militärregierung (European Theater of Operations and MTO), fungierte. Bernstein konnte es zwar als Verdienst für sich verbuchen, die Verstrickungen des Chemieriesen I.G. Farben in die Tötungsmaschinerie der Nazis aufgedeckt zu haben. Allerdings brach er ein Tabu, indem er aufdeckte, wiesehr US-Konzerne, während des gesamten Krieges mit I.G. Farben gemeinsame Sache gemacht hatten, indem sie Militär- und Wirtschaftsspionage gegen die Interessen der Vereinigten Staaten betrieben. Vor einem US Senatsausschuss benannte Bernstein unter anderem die Standard Oil Company of New Jersey, die Aluminum Company of America, die E.I. du Pont de Nemours und die Ethyl Export Corp. als „Kollaborateure der Nazis“. Anlässlich eines Treffens der American Jewish Claim Conference am 20. Februar 1946 in Cleveland, Ohio, führte Bernstein die US Regierung vor, indem er konstatierte: „Es waren nur die Russen, die gezeigt haben, dass sie Faschismus und Nazismus ausrotten wollten diesbezüglich haben sie bereits entscheidende Schritte iunternommen“.
In einer Ansprache, anlässlich der Gründung des linksextremen Kongresses der Amerikanischen Frauen zu Ehren des Internationalen Frauentages, am 8. März 1946 in New York City, – ein Tag übrigens, der von Kommunisten in aller Welt als internationaler Feiertag gefeiert wird – lobte Oberst Bernard Bernstein die Sowjetunion: „Sie habe das Potsdamer Abkommen über Deutschland bereits umgesetzt, während die Vereinigten Staaten immer noch unschlüssig sind“. In den fünfziger Jahren wurde gegen Bernstein ermittelt und öffentlich der Vorwurf erhoben, er sympathisiere mit dem Kommunismus. Bernsteins Kritik an der US Besatzungspolitik gegenüber Deutschland war ein gefundenes Fressen für die kommunistische Zeitschrift in den USA, Daily Worker, gewesen und das rückte den Finanzberater Eisenhowers in das Blickfeld der Ermittler.
Als im Juli 1947 die Statuten JCS 1067 durch die neuen Statuten JCS 1779 ersetzt wurden, war auch Oberst Bernhard Bernstein fällig und wurde seines Postens enthoben. Eine neue Parole in der US-Besatzungspolitik war ausgegeben worden, die da lautete: „Ein geordnetes fortschrittliches Europa bedürfe für die Zukunft gewisser stabilisierender ökonomischer Zugeständnisse.“
Seit Mai 1945 war der Morgenthau-Plan, in leicht abgespeckter Form, Richtschnur des Alliierten Handelns gewesen, obwohl er offiziell eigentlich nie angenommen worden war. Die Alliierten hatten sich auf eine radikale „industrielle Abrüstung“ Deutschlands verständigt. Sie behielten sie sich allerdings die Optionen vor, alle Maßnahmen im besetzten Deutschland von Fall zu Fall auf kurzfristig zu treffende Entscheidungen zu beschränken, um so eine groß angelegte organisierte Zerstörung von Bergwerken und Industrieanlagen zu verhindern. Damit verfügten die Gegner Henry Morgenthaus im Kriegsministerium über genügend Spielraum, um die Hardcore-Strategien Morgenthaus und seiner „Boys“ zu einem gewissen Grade zu unterlaufen.
Rückblickend erinnerte sich der US-Hochkommissar in Deutschland, General Lucius D. Clay, in seinem 1950 erschienenen Buch „Decision in Germany“: „Es schien uns schon damals offensichtlich, dass Deutschland verhungern würde, wenn es nicht für den Export produzieren könne und dass sofortige Schritte unternommen werden müssten, um die industrielle Produktion wieder zu beleben“. Auch Lewis Douglas, seines Zeichens Chefberater von General Lucius Clay, war ein entschiedener Gegner der JCS-Statuten 1067 : „Diese Sache wurde von Wirtschaftsidioten zusammengebaut. Es macht keinen Sinn, den qualifiziertes-ten Arbeitern in Europa zu verbieten, so viel wie möglich auf einem Kontinent zu produzieren, auf dem es an allem mangelt“. So seine harsche Kritik.
Angesichts der Besorgnis von General Lucius D. Clay und des Joint Chiefs of Staff über den zunehmenden kommunistischen Einfluss in Deutschland, sowie angesichts der Tatsache, dass sich die europäische Wirtschaft ohne die deutsche Industrie, von der sie letztlich mit abhängig war, niemals erholen konnte, war es Staatssekretär George Marshall im Sommer 1947 gelungen, unter Berufung auf „Gründe der nationalen Sicherheit“, Präsident Harry S. Truman davon zu überzeugen, sobald als möglich, die Statuten JCS 1067 zu kassieren und durch die JCS 1779 Anweisungen zu ersetzen.
Es hatte gut zwei Monate gebraucht, bis es General Clay gelungen war, den Widerstand gegen die neuen Besatzungsstatuten JCS 1779 in Washington zu brechen. Der Durchbruch kam am 10. Juli 1947. Auf einer Sitzung des State-War-Navy Coordinating Committee (SWNCC) wurde die neue JCS 1779 nach einigem Hin und Her genehmigt. Die problematischen Passagen des Morgenthau-Plans wurden endgültig gestrichen und eine neue Ära im Umgang mit dem besiegten Deutschland konnte beginnen.
As die JCS 1779 Anweisungen ratifiziert worden waren, bedeutete dies das Aus für die „Morgenthau Boys“. Bevor sie jedoch gingen, blockierten, bzw. unterbrachen sie im Office of Military Government for Germany (OMGUS), genauer gesagt, in der Allied Bank Commission, den Kreditfluss zwischen den deutschen Geldinstituten und zwangen die Banken auf diese Weise zu einem improvisatorischen System kurzfristiger Finanzierungen. Das behinderte zeitweise die angestrebte Sanierung der deutschen Industrie, solange, bis auch hier die Handschrift Morgenthaus endgültiog getilgt war.
Mit dem Wechsel der Besatzungspolitik, vor allem auch dank der Währungsreform von 1948, erholte sich Deutschland schließlich auf eindrucksvolle Weise und schaffte das, was man unterm Strich, bewundernd als „das Wirtschaftswunder“ bezeichnet.
Am 29. März 1946, als der erste „Industrieplan“ von den Alliierten unterzeichnet worden war, hatte die Welt noch ganz anders ausgesehen. Immerhin hatte dieser Industrieplan festgelegt, dass die deutsche Schwerindustrie durch die Zerstörung von 1.500 börsennotierten Produktionsstätten auf 50% des Niveaus von 1938 gesenkt werden sollte.
Seitens des Alliierten Kontrollrates war im Januar 1946 die Grundlage für die künftige deutsche Wirtschaft festgelegt worden, nachdem eine Obergrenze für die deutsche Stahlproduktionskapazität von etwa 5.800.000 Tonnen Stahl pro Jahr festgelegt worden war. Dies entsprach etwa 25% der deutschen Vorkriegsproduktion. Die drastische Reduzierung der Kapazitäten hatte schließlich zur Demontage jener Stahlwerke geführt, die den Augen der Alliierten überflüssig geworden waren. Der deutsche Lebensstandard war auf ein Maß heruntergefahren worden, der etwa dem der Weltwirtschaftskrise von 1932 entsprach. Die KFZ-Produktion war auf maximal 10% des Vorkriegs-niveaus reduziert.
Der schon erwähnte William Henry Draper jr., Leiter der amerikanischen Wirtschaftsabteilung prognostizierte in der ersten Phase der Besatzungszeit Deutschlands , dass angesichts dieser industriellen und wirtschaftlichen Kapazitäten für eine Bevölkerung von 66,5 Millionen Menschen, große Importe von Nahrungsmitteln und Rohstoffen für Deutschland erforderlich sein würden, um einen Mindestlebensstandard aufrecht erhalten zu können. An Stelle der früheren Stahlexporte sollten nun nur noch Kohle, Koks, und jene Dinge hergestellt werden, die im Morgenthau Planals sogenannte leichtindustrielle Produkte definiert waren. Lediglich Elektrogeräte, Lederwaren, Bier, Weine, Spirituosen, Spielzeug, Musikinstrumente, Textilien und Bekleidung sollten produziert und exportiert werden dürfen..
In der amerikanischen Besatzungszone wurde im großen Umfang radikaler Raubbau an den Wäldern geübt. In dem Zusammenhang räumte die US-Administration in ihrer Zone ein, dass der Zweck ihrer Abholzungsmaßnahmen darin bestünde, das „Kriegspotential der deutschen Wälder endgültig zu zerstören“.
Es kam, wie von den Kritikern Henry Morgenthaus befürchtet: Die USA und Großbritannien waren zunehmend gezwungen, Nahrungsmittel in ihre Besatzu ngszonen zu importieren, um einer Hungerkatastrophe in Deutschland zu begebnen. Einem seiner Berichte aus Deutschland zu Folge, stellte der ehemalige US-Präsident Herbert Hoover fest: „Es besteht die Illusion, dass das neue Deutschland auf einen Hirtenstaat zu reduzieren sei. Das ist kaum möglich, wenn wir nicht 25 Millionen Menschen vernichten oder aus dem Land vertreiben wollen.
Die Sorge um die schleppende Erholung der gesamt-europäischen Wirtschaft, deren Motor vor dem Krieg die deutsche Wirtschaft gewesen war, und der wachsende kommunistische Einfluss in einer deutschen Bevölkerung, die von Hunger und wirtschaftlicher Not betroffen war, veranlasste die Joint Chiefs of Staff sowie die Generäle Clay und Marshall, bei der Truman-Administration Lobbyarbeit für einen grundlegenden Politikwechsel zu betreiben. So hatte General Clay mehrere Studien über notwendige Veränderungen in der deutschen Wirtschaft in Auftrag gegeben und erklärt: „Es gibt keine Wahl zwischen einem Kommunisten mit 1.500 Kalorien pro Tag und einem Demokratiegläubigen mit tausend Kalorien.“
Zu den Problemen in der Stahlindustrie und ihren Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft insgesamt, hatte sich das Verbot der Einfuhr von hochwertigem schwedischen Eisenerz gesellt. Bis zu dessen Aufhebung im Jahr 1948 waren die deutschen Stahlwerke auf einheimische Erze minderer Qualität angewiesen. Für deren Verarbeitung wurden aber fast die doppelte Menge an Kohle benötigt. Zusätzlich trugen Versuche zur „Entflechtung“ der deutschen Stahlindustrie zum Rückggang der Produktion bei.
Der alliierte Kontrollrat hatte 1945 den Preis für deutsche Kohle auf die Hälfte der Produktionskosten festgesetzt. Von Mai 1945 bis September 1947 exportierten die USA, Großbritannien und Frankreich deutsche Kohle für gerade Mal 10,50 $ pro Tonne, während der Weltpreis bei etwa 25 bis 30 $ pro Tonne lag. Zu dieser Zeit schöpften die Alliierten aus der deutschen Wirtschaft etwa 200 Millionen Dollar ab. Zwar war der Exportpreis im September 1947 angehoben worden, er blieb aber immer noch 5 bis 7 Dollar unter Welthandelsniveau.
Das akuteste Problem in Deutschland blieb die Lebensmittelknappheit Nach Angaben der UNRRA wurde 1946-47 die durchschnittliche Kilokalorienzufuhr pro Tag auf 1.080 Kcal geschätzt, eine für die langfristige Gesundheit der Besetzten absolut unzureichende Menge. Verschiedene Quellen berichten, dass die Kilokalorienzufuhr in diesen Jahren nur zwischen 1.000 und 1.500 kcal schwankte. William L. Clayton berichtete nach Washington, dass „Millionen von Menschen langsam verhungern“.
1946 ernannte Präsident Truman William L. Clayton zum ersten Unterstaatssekretär für wirtschaftliche Angelegenheiten. Der neue Mann drängte auf ein stärkeres Engagement der USA, um die weltweite Ausbreitung des Kommunismus zu stoppen. Am 5. März schrieb Clayton ein Fünfzehn-Punkte-Memorandum, in dem er die USA unter anderemzu globaler Führung auffordert: „Die Zügel werden entweder von den Vereinigten Staaten oder von Russland übernommen werden. Wenn der Führungsanspruch von Russland kommt, wird es mit ziemlicher Sicherheit im nächsten Jahrzehnt zu einem Krieg kommen und die Chancen stehen gegen uns. Wenn die Initiative von den Vereinigten Staaten ausgeht, kann ein Krieg mit ziemlicher Sicherheit verhindert werden“.
Clayton wusste warum er nachdrücklich US-amerikanische Wirtschaftshilfe für den Wiederaufbau Europas forderte. Insgesamt spielte der Unterstaatsekfretär für wirtschaftliche Angelegenheiten 1947 eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des Marshall-Plans. Nach seiner Rückkehr von einem GATT-Treffen in Genf, im Mai, schrieb Clayton ein Memo an George Marshall mit dem Titel „Die europäische Krise“, in dem er argumentierte, dass die amerikanische Wirtschaftshilfe dringend notwendig sei, um den Zusammenbruch Europas zu verhindern.
Es brauchte seine Zeit, bis die US Politik gegenüber Deutschland der veränderten politischen Großwetterlage Rechnung trug und der Hass dem Pragmatismus wich. Zwischen 1945 und 1947 hatte es durchaus Angebote aus westeuropäischen Nachbarländern Deutschlands gegeben, dringend benötigte Kohle und Stahl aus dem Ruhrgebiet gegen Nahrungsmittel einzutauschen. Doch weder die Italiener noch die Niederländer durften das Gemüse, das sie früher nach Deutschland exportiert hatten, in das Nachkriegsdeutschland liefern, dies mit der Konsequenz, dass die Niederländer erhebliche Anteile ihrer Ernte vernichten mussten. Dänemark bot 150 Tonnen Schmalz pro Monat an. Norwegen war bereit, Fisch und Fischöl zu liefern und auch Schweden war bereit, beträchtliche Mengen an Fetten nach Deutschland zu liefern. Doch die Alliierten erlaubten den Deutschen keinerlei Handel.
Im Jahr 1946 hatte der US-Kongress GARIOA-Mittel nur bewilligt, um Krankheiten und Unruhen zu verhindern, die die Besatzungstruppen im besetzten Deutschland gefährden würden. (Die Government Aid and Relief in Occupied Areas), GARIOA, war seit 1946 ein US-Hilfeprogramm nach dem Zweiten Weltkrieg für die besetzten Länder Japan, Österreich und die in Deutschland von den Alliierten besetzten Zonen. Der Kongress legte fest, dass die Gelder ausschließlich für die Einfuhr von Nahrungsmitteln, Erdöl und Düngemitteln verwendet werden durften. Die Verwendung von GARIOA-Geldern zur Einfuhr von Rohstoffen, die für die deutsche Industrie von entscheidender Bedeutung gewesen wären, unterlag einem ausdrücklichen Alliierten Verbot. Insgesamt wurden an die 1,5 Milliarden Dollar für die Versorgung der Bevölkerung von den Alliierten aufgewendet (die den Deutschen allerdings in Rechnung gestellt wurden). Dennoch, die deutschen Lebensmittelrationen blieben nach wie vor weit unter den erforderlichen Mindestnahrungsmengen zurück.
Ein besonderes Kapitel ist die totale wirtschaftliche Ausbeutung des Know-Hows in Wissenschaft und Industrie im besiegten Deutschland. Hinlänglich bekannt ist etwa Werner von Braun und das deutsche Raketenprogramm, das die Amerikaner inklusive Personal in die USA verbrachten. Spektakulär war auch die deutsche Entwicklung im Flugzeugbau, insbesondere die von Strahltriebwerken angetriebenen Jagdflugzeugen, die bereits Einsatzreife erlangt hatten.
Auch die Sowjets und Briten standen den Amerikanern bei ihren Beutezügen in nichts nach. Was kaum jemand weiß, unter dem Namen „Paperclip“ fand nach dem Krieg ein umfassender Transfer an deutschem Know-How in die USA statt, der beschönigend als „geistige Wiedergutmachung“ bezeichnet wurde. Im Rahmen dieser Wiedergutmachungs-aktion beschlagnahmten die Alliierten große Mengen an deutschen Patenten und Urheberrechten aber auch eingetragene Marken.
Das Programm „Paperclip“ hatte bereits Ende 1944 zunächst mit dem Ziel begonnen, das deutsche wissenschaftliche und technische Know-How zu nutzen, um den Krieg mit Japan zu verkürzen. Während die alliierten Armeen in Westdeutschland vordrangen, wurden gleichzeitig Teams dutzender amerikanischer Experten aus Regierungsstellen, Industrie- und Handelsverbänden und Universitäten aus den USA eingeflogen. Sie filzten Hunderte deutschen Forschungseinrichtungen, technische Schulen und Industrieunternehmen, befragten Personal, untersuchten Verfahren und Produkte, machten Fotos und Proben und forderten Zeichnungen, Pläne, Blaupausen, Forschungsberichte und Dokumente aller Art an.
Freilich begnügten sich die Sieger nicht mit kriegsbedingten Entwicklungen. Sie erlagen der Verlockung, eine wehrlose und am Boden liegende und einst führende Industrienation ihrer besten Errungenschaften zu berauben. Es begann eine materielle und geistige Plünderung, die in der Geschichte ihresgleichen sucht. Deutsches Fachwissen über Windkanäle, Tonbandgeräte, synthetische Kraftstoffe und Gummi, Farbfilm, Textilien, Werkzeugmaschinen, schweres Gerät, Keramik, optisches Glas, Farbstoffe Computer Technologie, Elektronenmikroskope und vieles mehr, wurde beschlagnahmt. Nach den Worten von Außenminister George C. Marshall, sollten die gesammelten Informationen angeblich „der übrigen Welt zugänglich“ gemacht werden. In Wahrheit jedoch bedienten sich die Alliierten der deutschen Technologien und Erkenntnisse allein und gaben diese direkt an ihre eigenen Institutionen und Firmen weiter. Die Geschichte dieser Aktion ist nie aufgearbeitet worden. Erst die akribischen Recherchen des Zeitgeschichtlers John Gimbel von der Humboldt State University in den USA, ein ehemaliger Angehöriger der OMGUS Marburg, hat mit seiner über zehn Jahre langen Forschungsarbeit in deutschen, amerikanischen, öffentlichen und privaten Archiven, das Ausmaß des alliierten Raubzugs offengelegt. Aus diesen Recherchen entstand sein Buch: „Technology and Reparations: Exploitations and Plunder in Postwar Germany“.
Auf dem Moskauer Außenministerratstreffen 1947 warf W. M. Molotow, Außenminister der Sowjetunion, den Vereinigten Staaten und Großbritannien vor, sie hätten von Deutschland Reparationen in Form von Patenten und anderen technischen Unterlagen im Wert von sage und schreibe 10 Milliarden Dollar erbeutet. In dem Zusammen-hang erklärte 1947 der Direktor des Büros für technische Dienste des US-Handelsministeriums vor dem Kongress: „Die grundlegende Rechtfertigung unserer Aktivitäten ist die Tatsache, dass wir den Krieg gewonnen haben und nicht die Deutschen. Hätten die Deutschen den Krieg gewonnen, wären sie hier in Schenectady, Chicago, Detroit und Pittsburgh und würden genau das gleiche tun, wie wir.“
In einem deutschen Bericht vom 1. Mai 1949 heißt es, dass viele Unternehmer es vorzögen, keine Forschung auf Grundlage der geltenden Vorschriften (Gesetz Nr. 25 des Alliierten Kontrollrats) zu betreiben, aus Angst, dass ihre Forschungsergebnisse wohlmöglich ihren Konkurrenten direkt zugute kommen könnten. Das Gesetz Nr. 25 verlangte nämlich eine detaillierte Berichterstattung der Deutschen an die Alliierten über sämtliche neuen deutschen Forschungsergebnisse. Später fanden diesbezügliche Vorschriften Eingang in der Alliierten Vorbehaltsrechten gegenüber der Bundesrepublik Deutschland, die angeblich mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag obsolet geworden sind. Es ist allerdings davon auszugehen, dass sich die ehemaligen Westmächte auch heute noch vorbehalten, deutsche Technologien, insbesondere Schlüsselindustrien, wie Flugzeugbau und Wehrtechnik, wenn auch sehr diskret und als Gemeinschaftsprojekte kaschiert, genauer unter die Lupe zu nehmen. (Ein bezeichnendes Beispiel war in den 80er Jahren die Herausgabe aller Blaupausen zur Entwicklung des Leopard – Kampfpanzers an die USA, wozu die Deutschen verpflichtet worden waren).
Erst General Lucius D. Clay, bzw. der amerikanischen Militärregierung, gelang es, das Programm „Paperclip“ im Interesse des deutschen Wirtschaftsaufschwungs bis zu einem gewissen Grade zu beenden. Clay scheiterte allerdings mit seinen Bemühungen, wenigstens eine monetäre Bewertung des Wissenschafts- und Technologie-Transfers zu erwirken, um zugunsten Deutschlands eine Gutschrift auf das Reparationskonto zu erwirken. Das Verwertungsprogramm wirkte sich jedenfalls negativ auf die Wiederaufnahme der deutschen Nachkriegsforschung und die wirtschaftliche Erholung aus. Langfristig förderte das amerikanische Verwertungsprogramm dann doch ein ausgedehntes Netzwerk der amerikanisch-deutschen Zusammenarbeit in Wissenschaft, Wirtschaft und Industrie und das trug zu dem positiven amerikanischen Meinungsklima bei, das endlich dazu führte, auch Westdeutschland mit in den Marshallplan einzubeziehen.
Epilog:
Auf der Potsdamer Konferenz wurde von den siegreichen Alliierten gut 25% des deutschen Staatsgebietes ohne jede rechtliche Grundlage zugunsten Polens und der Sowjetunion abgetrennt und die deutsche Bevölkerung in diesem Gebiet wurde ebenso, wie die Sudetendeutschen, aus ihrer angestammten Heimat vertrieben. Dabei kamen etwa 1,5 bis 2 Millionen Menschen ums Leben. Das war nach dem Dreißigjährigen Krieg und dem Ersten Weltkrieg die dritte große Landnahme angestammten deutschen Territoriums.
Wie in Potsdam unter den Alliierten ausgemacht, war tatsächlich versucht worden, Deutschland in ein Agrarland umzuwandeln, in dem allenfalls Leichtindustrie erlaubt sein sollte. Zahlreiche Industrieanlagen waren demontiert oder sinnlos zerstört worden und Millionen deutscher Kriegsgefangener wurden mehrere Jahre als Zwangsarbeiter eingesetzt, sowohl von den Westalliierten, als auch von der Sowjetunion.
Ab Mitte 1947 hatte sich schließlich, seit Beginn des Kalten Krieges, ein Umdenken gegenüber Deutschland durchgesetzt, da die neue westdeutsche Republik auf der einen Seite und die Deutsche Demokratische Republik auf der anderen Seite, als mögliche Verbündete der jeweiligen Seite, eine wichtige Rolle zukam. Zudem ferfestigte sich die Erkenntnis, dass die wirtschaftliche Gesundung Europas maßgeblich von der Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie bestimmt war. Mit der Abschaffung der US-Besatzungsrichtlinie JCS 1067 im Juli 1947, die noch die deutliche Handschrift Henry Morgenthaus getragen hatte, war der frei Weg geworden, für die Neuordnung der finanziellen Basis Westdeutschlands. Die einseitige Währungsreform der Westmächte im Jahr 1949 führte allerdings zur Spaltung Deutschlands und zur Errichtung eines zweiten deutschen Staates im Einflussbereich der Sowjetunion.
Ab 1947 war der Marshallplan, zunächst als „Europäisches Wiederaufbauprogramm“ ohne Deutschland initiiert worden. In den Jahren 1947 – 1952 wurden Westeuropa etwa 13 Milliarden Dollar an wirtschaftlicher und technischer Hilfe zugewiesen. Das entspricht, umgerechnet etwa 140 Milliarden Dollar im Jahr 2020. Trotz Protesten, vor allem aus Frankreich, wurde der Marshallplan, wenn auch in weniger großzügiger Form, ab 1949, auch auf die neu entstandene Bundesrepublik Deutschland ausgedehnt. In den Jahren 1949 – 1952 erhielt Westdeutschland rückzuzahlende Kredite in Höhe von insgesamt 1,45 Milliarden Dollar, was 2020 einer Summe von etwa 14,5 Milliarden Dollar entspricht.
In der Folge verbesserten sich in Westdeutschland die Lebensbedingungen und mit dem Export einheimischer Produkte kam es zum Rückgang der Arbeitslosigkeit, einer effizienteren Nahrungsmittelproduktion und dem almählichen Verschwinden des Schwarzmarkthandels.
1950 sahen sich auch Großbritannien und Frankreich veranlasst, dem Beispiel der USA zu folgen und die Demontage der deutschen Schwerindustrie einzustellen. Es kam zu einem wirtschaftlichen Aufschwung Westdeutschlands unter einer neu gebildeten demokratischen Regierung, sozusagen an der langen Leine der Westalliierten. Mitte der 1950er Jahre war die Arbeitslosenquote in Deutschland bereits so niedrig, dass die ersten Gastarbeiter aus Süditalien nach Deutschland kamen.
Wirtschaftlich gesehen stieg die Bundesrepublik Deutschland zu einer Industriemacht von Weltgeltung auf und auch die DDR, der zweite deutsche Staat, war unter den gegebenen Umständen im Ostblock, wirtschaftlich führend. Allerdings, politisch gesehen, blieben beide deutsche Staaten Zwerge.
Daran änderte sich auch nach der Vereinigung von Ost- und Westdeutschland kaum etwas. Die Vereinigung Deutschlands war, bedingt durch den Zusammenbruch der Sowjetunion, im Sinne einer Zwangslösung, unabdingbar geworden oder anders gesagt: Das Ende der Sowjetunion setzte die Westalliierten mit dem einhergehenden Zerfall der DDR unter Zugzwang. Quasi unter Murren sahen sich die ehemaligen Alliierten gefordert, Deutschland unter Abschluss der Zwei plus Vier Verträge in eine bedingte Freiheit zu entlassen. Nach Meinung von Staatsrechtlern machten diese Zwei plus Vier Verträge, trotz anders lautender Prämissen des Grundgesetzes, angeblich einen Friedensvertrag obsolet. Immerhin ist festgelegt, dass die Bundesrepublik Deutschland von jeglichen Reparationskosten freigestellt ist. Angesichts erneut erhobener Forderungen Griechenlands und Polens, wird sich in Zukunft weisen, ob diese Vertragsklausel auch tatsächlich trägt. Um weitere Reparationsforderungen doch zu bedienen, wird die BRD mit einiger Wahrscheinlichkeit, wie schon des öfteren in der Vergangenheit, entsprechend diskrete Wege beschreiten, um allfällige Wünsche zu befriedigen. .
Die deutsche Realpolitik seit 1990 muss mit einiger Ernüchterung betrachtet werden. Fast möchte man meinen, der Ungeist Henry Morgenthaus schwebe noch immer, bzw. schon wieder, über Deutschland. Die Bundesrepublik wurde zum größten Nettozahler in der EU und hat wesentliche Souveränitätsrechte, im Gegensatz zu allen anderen EU Mitgliedsstaaten, an Brüssel abgetreten. Derzeit steht sogar die deutsche Finanzhoheit zur Disposition. Fast unmerklich hat sich seit 1990 vieles zum Nachteil Gesamtdeutschlands verändert. Hier nur einige signifikante Maßnahmen: Die Deutsche Flugzeugindustrie ist zwischenzeitlich in den internationalen Strukturen der Airbus Group unter Führung Frankreichs aufgegangen. Der Grossteil der bundes-deutschen Rüstungsindustrie, wie beispielsweise die Panzerentwicklung, ist in internationalen Konzernen aufgegangen. 2010 wurde in Deutschland die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft. Die Deutsche Ostpolitik des Ausgleichs ist zerrüttet und einer agressiven Haltung gegenüber Russland gewichen, wobei die Truppen-verlegungen innerhalb der NATO, bis hart an die Russische Grenze, eine bewußt kalkulierte Verletzung der russischen Interessenssphäre darstellen.
Schlimmer noch, dem Agieren der Nato in Osteuropa liegt ein eklatanter Wortbruch zugrunde, wobei der Westen sich verpflichtet hatte, nach der deutschen Vereinigung die Nato nicht über Deutschland hinaus, auszudehnen.
Russland, das im Zweiten Weltkrieg durch den Überfall Deutschlands unermeßliches Leid erfahren hat, muss erleben, wie sich ausgerechnet eine deutsche Kanzlerin zur Wortführerin einer agressiven Ostpolitik macht. Schlimmer noch, Deutschland macht sich stark für eine Aufnahme der faschistoiden Ukraine in die Nato. Damit ist genau das eingetreten, was Stalin verhindern wollte, als er in den frühen 50er Jahren das Konzept eines wiedervereinigten und neutralen Deutschlands auf den Tisch legte. Stalin tat dies damals mit der Überlegung, zwischen West und Ost eine Pufferzone zu schaffen, was Westdeutschlands erster Kanzler, Konrad Adenauer, gewissermaßen im Auftrag der Westalliiereten, ablehnte. Damit riskierte die BRD, in einem atomaren Konflikt, als Aufmarschgebiet, hineingezogen zu werden und – unisono mit der DDR – sowohl zwischen den Westmächten, als auch dem Warschauer Pakt, zerrieben und vernichtet zu werden. Als 1990 die Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten BRD und DDR, im Rahmen der Zwei plus Vier Verträge beschlossen wurde, konnten die USA die Westbindung Deutschlands gegenüber einem stark geschwächten Russland durchsetzen. Deutschland musste/durfte in der Nato verbleiben und so landen jetzt tausende Nato-Panzer in deutschen Häfen und rollen durch Mitteleuropa, Richtung russische Westgrenze. Die alte Schlagzeile zum Beginn des Russlandfeldzuges aus dem „Völkischen Beobacher“ ist erneut mit Leben erfüllt: „Alle Deichseln sind gen Osten gerichtet“. Und als im Jahre 2010 endlich die letzte Rate aus dem Versailler Diktatfrieden von 1918 bezahlt waren, war der Weg für Deutschland frei, neue Milliardenlasten in der Europäischen Union auf sich zu nehmen. Maastricht, ein neues Versailles, so brachte es Thorsten Schulte, der Autor des Buches „Fremdbestimmt“, gestützt auf schockierende Quellen, auf den Punkt.
Deutschland zeigt sich 20 Jahre nach der Vereinigung von Ost und West zerrissen und gefährdet durch seinen repressiv-zerstörerischen, linksökologischen Zickzack-Kurs ein stabilisierendes und ausgewogenes Ost West Verhältnis. Besonders problematisch ist die Zerstörung der bisherigen kreativen Vielfalt und Meinungsfreiheit durch unzählige tabuiisierende gesellschaftspolitische Imperative,. Von außen gesteuerte Vereinigungen, wie die Antifa, die Antonio- Amadeo-Stiftung, das Zentrum für Politische Schönheit, sowie zahllose weitere, meist sogar staatlich und vom Ausland finanzierte Institutionen, stellen allerorten immer neue „Gessler-Hüte“ auf, vor denen sich das Volk „gefälligst“ zu verbeugen hat.
Anmerkung zum Gessler Hut: Der Gründungsmythos der Schweiz basiert auf folgendem Ereignis: Herrmann Gessler, des Kaisers Landvogt stellt im schweizerischen Altdorf einen Hut, mittels einer Stange auf und ordnet an, dass das Volk diesen Hut grüßen müsse, in dem es sich vor diesem im Vorbeigehen zu verneigen habe. In seinem Drama „Wilhelm Tell“ von 1804, schildert Friedrich v. Schiller die Konsequenz, als Wilhelm Tell diesen Befehl mißachtet.
„Ei Vater, sieh den Hut dort auf der Stange.“ Wilhelm Tell: „Was kümmert uns der Hut? Komm, lass uns gehen.“ Indem Wilhem Tell weiter gehen will, tritt ihm Friesshardt, ein Knecht des kaiserlichen Landvogts Gessler, mit vorgehaltner Pike entgegen: „In des Kaisers Namen! Haltet an und steht!“ Tell: „Was wollt Ihr? Warum haltet Ihr mich auf?“ Der Knecht des Landvogts: „Ihr habt’s Mandat verletzt, Ihr müsst uns folgen“. Leuthold:“Ihr habt dem Hut nicht Reverenz bewiesen.“ Der Knecht des Landvogts: „Fort, fort ins Gefängnis! “
Anm.: Dieser Passus in Schillers Drama von 1804 gilt als klassisches Beispiel für die öffentliche Erzwingung von linientreuem Gehorsam.
Inzwischen wird, nach den jahrzehntelang andauernden Schüben einer radikalen und geschichtsleugnenden Umerziehung eine weitere kollektive „Zwangs-disziplinierung“ der Deutschen vorangetrieben. Gleichzeitig beschleunigt sich der Werte- und Leistungsverfall und damit auch die innere und äussere Destabilisierung Deutschlands. Einerseits irritiert diese verworrene Republik, durch ihren Sonderweg im gemeinsamen Europa, ihre Nachbarn in Ost und West gleichermaßen. Andererseits betreibt die deutsche Politik, über die Diffamierung des US Präsidenten Trump, einen traditionell linken Antiamerikanismus. Damit sitzt Deutschland wieder einmal zwischen allen erdenklichen Stühlen. Russland verprellt, ebenso die USA, dazu eine, die Nachbarn bedrängende Europapolitik und ein rapider bildungspolitischer und wirtschaftlicher Leistungsverfall. Den Rest des Niedergangs besorgt eine ungezügelte Zuwanderung aus aller Herren Länder im Verbund mit einem abstrusen ökologischen Weltbild. All das macht Deutschland in Ost und West und im gemeinsamen Europa einmal mehr zu einem unberechenbaren Faktor. Dies alles wird der einst so hoffnungsvollen Bundesrepublik Deutschland in absehbarer Zeit den Rest geben. Vielleicht sogar endgültig . „Finis Germaniae“.
QUELLE: https://harte-facts.com