Laut öffentlich zugänglichen Abrechnungsdaten behandelten Krankenhäuser im letzten Jahr rund 25.400 Fälle von Impfschäden das ist ein Anstieg um das 18-Fache gegenüber dem Vorjahr. Anders als bei der Erkrankung COVID-19, waren davon vor allem junge Menschen betroffen.
von Susan Bonath
Impfschäden seien “absolute Einzelfälle”, behauptete auch der Tagesspiegel nochEnde Januar. Das schloss das Blatt daraus, dass bis dahin in Deutschland genau 1.630 Anträge auf Entschädigung gestellt wurden. Verharmlost die Zeitung damit unschöne Folgen der Massenimpfungen?
Das legen jedenfalls die Daten nahe, die immerhin das einschlägige Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) in seinem Datenbrowser zur Verfügung stellt. Demnach behandelten die Kliniken 2021 rund 25.400 Fälle von Patienten ab sechs Jahren aufwärts, die sie in der Nebendiagnose als Impfschaden kodierten. Das waren rund 18-mal mehr solcher Fälle als 2020. Als erster hatte der Informatiker Tom Lausen unter anderem in einem Interview mit der Journalistin Milena Preradovic darauf aufmerksam gemacht.
Neuer Abrechnungs-Code für Corona-Impfschäden
Es gibt immer wieder Fälle, in denen Menschen unerwünschte Nebenwirkungen durch Impfungen erleiden. Als schwerwiegend gilt eine solche Reaktion verständlicherweise unter anderem dann, wenn der Betroffene deshalb in einem Krankenhaus behandelt werden muss.
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Die InEK-Daten geben nicht nur darüber Aufschluss, wie viele Patienten in deutschen Kliniken pro Jahr behandelt wurden. Sie zeigen anonymisiert auch den Grund der Behandlungen, also die Diagnosen. Denn diese müssen die Häuser über ein internationales Kodier-System abrechnen. Bisher gab es drei Codes für verschieden klassifizierte Impfnebenwirkungen: Y59.9, T88.0 und T88.1. Im Jahr 2020, als in Deutschland insgesamt etwa 47 Millionen Dosen verschiedener Vakzine verabreicht wurden, meldete das InEK knapp 1.400 Fälle, die in der Nebendiagnose mit einem dieser drei Codes versehen waren, ähnlich viele Fälle wie im Vorjahr 2019.
Ende Dezember 2020 starteten dann in Deutschland die Impfungen gegen COVID-19, in einigen anderen Ländern sogar noch etwas früher. Doch erst Monate später reagierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) darauf. So führte sie immerhin zum 1. April 2021 international einen neuen Code für “unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19-Impfstoffen” ein, wie unter anderem auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Mitte März 2021 vorab auf ihrer Webseite informierte. Seit April sollen Ärzte, die eine Erkrankung eines Patienten als COVID-19-Impfschaden diagnostizieren, diese Fälle unter dem Schlüssel U12.9 abrechnen. Ob das bis dahin bereits allen Ärzten bekannt war, ist fraglich.
Rund 24.000 Fälle mehr als in den Vorjahren
Das heißt: Ein Teil der Patienten, die nach einer Corona-Impfung klinisch versorgt werden mussten, wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit noch bestenfalls über die drei anderen Codes abgerechnet. Das zeigen auch die Zahlen: 2020 fielen, ähnlich wie im Jahr zuvor, knapp 1.400 Fälle darunter, 2021 waren es fast 9.500. Damit wurden rund 8.100 Klinikfälle mehr als im Vorjahr mit einem der bis dahin zu verwendenden Codes für allgemeine Impfnebenwirkungen versehen.
Hinzu kommen allerdings noch weitere 15.933 Krankenhausfälle, die seit dem 1. April 2021 mit dem eindeutigen Code U12.9 für Corona-Impfnebenwirkungen versehen wurden. Das heißt: Bei mindestens rund 15.900 Behandlungsfällen diagnostizierten Ärzte direkt einen Impfschaden wegen eines COVID-Vakzins – seit 1. April 2021.
Hinzu kommt ein unbestätigtes Plus gegenüber dem Vorjahr bei den zwar diagnostizierten, aber noch mit einem der anderen Codes versehenen Impfschäden von 8.100 Fällen. Es ist also davon auszugehen, dass in rund 24.000 Fällen Menschen wegen eines diagnostizierten COVID-19-Impfschadens in einer Klinik behandelt werden mussten.
2.700 mehr Intensivfälle mit über 270 Verstorbenen
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Ähnlich verhält es sich bei den Fällen auf Intensivstationen. Im ersten Corona-Jahr meldeten die Krankenhäuser dem InEK 209 Behandlungen auf einer Intensivstation wegen eines diagnostizierten Impfschadens, 2021 waren es rund 14-mal mehr, nämlich über 2.900, davon 1.832 U12.9-Fälle, die also direkt der Corona-Impfung zugerechnet wurden. Es ist also von insgesamt rund 2.700 Intensivstations-Fällen auszugehen, die diagnostisch als Corona-Impfschaden erkannt worden waren.
Auch die Zahl der Verstorbenen mit einer Impfschaden-Diagnose kletterte um das Zehnfache. So meldeten die Krankenhäuser 2020 noch genau 30 Patienten mit dem Entlassungsgrund “Tod”, dagegen waren es im ersten “Corona-Impf-Jahr” 2021 insgesamt 306, davon 183 U12.9-Fälle.
Herzprobleme, Embolien, Kopfschmerzen: Viele junge Menschen betroffen
Interessant sind auch die Hauptdiagnosen, die sich dem oben verlinkten Datenbrowser entnehmen lassen. An der Spitze rangieren hier schwere, häufig intensivmedizinisch behandlungsbedürftige Herzprobleme – angefangen mit hunderten Fällen von Entzündungen des Herzmuskels und Herzbeutels über Infarkte bis hin zu Herzrhythmusstörungen und massiv erhöhten Blutdruckwerten.
Von solchen Herzproblemen waren junge Menschen besonders häufig betroffen. In der Gruppe der Unter-30-Jährigen gab es mehr als 650 solcher Fälle, rund 150 traten bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren auf.
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Außerdem diagnostizierten die Krankenhäuser besonders oft Hirninfarkte, Lungenembolien, die autoimmune Nervenerkrankung Guillain-Barré-Syndrom (GBS), welche Lähmungen verursacht und tödlich enden kann, aber auch hunderte Fälle von schweren Kopfschmerzen, die teils sogar intensivmedizinisch behandelt wurden.
Bei über 3.500 der insgesamt gut 15.900 Behandlungsfälle, die den Code U12.9 für Impfschäden durch Corona-Vakzine erhalten hatten, waren die Patienten jünger als 30 Jahre. Das ist fast ein Viertel. Davon waren knapp 600 Patienten jünger als 18 Jahre, in 59 Fällen landeten sie auf einer Intensivstation. In fast 60 Prozent aller U12.9-Fälle waren Menschen unter 60 Jahren betroffen.
Mehr Impfungen, mehr Schäden?
In Deutschland werden laut Statistischem Bundesamt Jahr für Jahr etwa 40 Millionen Impfdosen aller möglichen Vakzine verimpft. Von den hierzulande zugelassenen Corona-Vakzinen wurden letztes Jahr aufgerundet etwa 160 Millionen gespritzt, also viermal so viele wie gegen alle sonstigen Erkrankungen. Rein rechnerisch müssten die Fälle von klinisch behandelten Impfschäden durch die Corona-Impfungen etwa viermal so hoch liegen – im Vergleich zu 2020. Theoretisch wären also 5.600 Fälle zu erwarten gewesen. Die rund 1.400 Fälle bezüglich anderer Vakzine dazugerechnet, käme man auf etwa 6.000.
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Tatsächlich gab es aber insgesamt 24.000 Krankenhausbehandlungen mit der Diagnose Impfschaden, auch diese Zahl ist wiederum noch mehr als viermal höher, als zu erwarten gewesen wäre. Bei der Zahl der Intensivbehandlungen hätte man nach dieser Rechenmethode mit einem Anstieg auf insgesamt etwas über 1.000 rechnen können. Tatsächlich gab es aber rund 2.700 solcher Fälle. Wobei hier anzumerken ist: Da die Corona-Vakzine mehrmals verabreicht werden, kommen auf die 160 Millionen Dosen, mit denen hier gerechnet wurde, lediglich nur etwa 60 Millionen Geimpfte, unter denen die erhöhten Fallzahlen zu beobachten waren.
Überdies kommt hinzu: Bei diesen Daten kann man nun nicht mehr von einem unbewiesenen Verdacht sprechen – wie etwa bei den Meldefällen, welche das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) neuerdings nur noch alle zwei Monate (!) präsentiert. Hier liegen vielmehr eindeutige Diagnosen von Ärzten für die klinischen Sachverhalte vor. Wobei natürlich auch das kein Beweis dafür ist, dass wirklich alle Fälle korrekt erfasst wurden. Eine Dunkelziffer dürfte es wohl noch geben.
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